Antfeld. Ein Szenario: Mitten in der Sonntagsmesse wird jemand bewusstlos, atmet nicht mehr. Nur 200 Meter entfernt auf dem Dorfplatz: der neue Defibrillator. Doch wie vorgehen? Vor allem muss es schnell gehen und am wichtigsten ist die Herzdruckmassage. Wie und wann genau der „Defi“ angebracht ist, erklärte Walter Hückelheim, Notfallsanitäter und Dozent bei der Rettungsdienstschule des HSK, seinen Antfelder Mitbürgern im Feuerwehrhaus. Sein Appell: „Habt keine Angst, das Gerät einzusetzen!“
Nur eine Etage tiefer ist außen an der Hauswand in einem Glaskasten der Defi, der „automatisierte externe Defibrillator“ (AED), angebracht. Dort bleibt er dauerhaft stationiert, im Notfall darf ihn jeder hier herausholen, das heißt, mit dem kleinen Hämmerchen die Scheibe einschlagen, um an die kleine schwarze Tasche inklusive Zubehör und dem gelben Gerät im Innern zu gelangen. „Dies lieber einmal zu oft als gar nicht! Auch, wenn Ortsvorsteher Martin Aleff dann öfter eine neue Scheibe bestellen muss“, so Walter Hückelheim. Darüber hinaus legte er Martin Aleff noch ans Herz, den Standort des Defis der Leitstelle mitzuteilen, damit die mehr als 900 ehrenamtlichen Mobilen Retter, die im HSK mittlerweile unterwegs sind, im Notfall gleich Bescheid wissen.
Wann werden Defibrillatoren angewendet?
Defibrillatoren sind mittlerweile in nahezu allen Dörfern und in Städten an zentralen Orten angebracht. Dies seit Kurzem auch in Antfeld, dank der Organisatoren des Fußball-Sterne-Cups, die das lebensrettende Gerät gesponsert haben. Wenn jemand bewusstlos ist, braucht es aber zwei Helfer, um ihn auch holen zu können, wenn er nicht gerade direkt nebenan installiert ist. „Als erstes gilt immer: Notruf absetzen, dann Atmung überprüfen. Das heißt, den Patienten flach hinlegen, Kopf überstrecken. Ist Atmung vorhanden, dann bitte in die Seitenlage legen. Wenn keine Atmung da ist, Oberkörper frei machen, direkt mit der Herzdruck-Massage beginnen. Und am besten holt jemand zeitgleich den Defibrillator“, so der Experte. Walter Hückelheim betonte mit Blick auf die gebotene Eile: „Das Gehirn muss versorgt werden, es darf beim Atemstillstand höchstens fünf Minuten ohne Sauerstoff sein, wenn es nicht geschädigt werden soll.“ Darum gilt: Wenn keine Atmung mehr da ist, direkt mit der Herz-Druck-Massage im schnellen Rhythmus (zum Beispiel nach dem Song „Staying Alive“) beginnen. „Es befindet sich immer noch Restsauerstoff im Blut, er muss so schnell wie möglich in Richtung Gehirn!“
Wie wird ein Defibrillator angewendet?
„Sobald der Defibrillator da ist, loslegen! Einfach den grünen Startknopf des Geräts drücken – wichtig: (noch) nicht den Schock-Knopf! Der funktioniert erst, wenn alles andere eingerichtet ist. Was sehr schnell geht. Denn sofort legt das Gerät los und übernimmt, alle Ansagen zusammen dauern 40 Sekunden.“
Der Experte erklärte den Anwesenden: „Rufen Sie Hilfe! – Folgen Sie den Anweisungen zum Anlegen der Elektroden! – Entfernen Sie die Kleidung vom Brustkorb des Patienten! – Nehmen Sie die Elektroden aus der Packung! Elektroden wie abgebildet auf den entblößten Brustkorb des Patienten kleben!“ Dann sei alles vorbereitet für den Elektroschock, der das Herz wieder in Takt bringen soll. „Dies unbedingt zusammen mit der Herzdruck-Massage, die keinesfalls sanft durchgeführt werden sollte: Sie müssen fünf bis sechs Zentimeter tief pumpen und da ist es nicht unwahrscheinlich, dass Rippen brechen. Das darf Sie nicht aufhalten!“
Wichtig, so ergänzte er: „Die Elektroden weit genug auseinander an die angegebenen Positionen kleben. Dann kommt die Eigensicherung ins Spiel: Patienten nicht berühren, ein Stück weggehen und den Schock-Knopf drücken.“ Dann folgt wieder die Herz-Druck-Massage. Das Gerät gibt den Takt an. 30-Mal pumpen, zweimal beatmen (falls möglich) und den weiteren Anweisungen des Gerätes folgen. „Ein Durchlauf sind immer zwei Minuten, dann geht es wieder von vorn los. Bis der Rettungsdienst eintrifft, sollte man einfach den Ansagen des Gerätes folgen.“ Eine Schere zum schnellen Aufschneiden der Kleidung (unbedingt auch BH entfernen), Einmalhandschuhe und Einmalrasierer gehören zur Ausrüstung. „Nutzen Sie alles, machen Sie Platz“, so Hückelheim. Für die Schulung nutzte er ein spezielles Demo-Gerät, betonte aber, dass alle Defis gleich funktionieren. Nur die Wortwahl der Ansagen und das Aussehen können variieren.
Kann etwas schiefgehen?
Was könnte schiefgehen? „Am Patienten nichts“, sagte der Experte. Denn das Gerät erlaube den Schock nur, wenn wirklich Kammerflimmern als schwerste Form der Herz-Rhythmus-Störung bestehe. „Zwei Minuten dauert ein Durchgang, dann überprüft das Gerät wieder den Herz-Rhythmus und entscheidet, ob ein Schock nötig ist. Man muss nichts am Gerät einstellen.“ Wichtig: Bei kleinen Kindern und Säuglingen können nicht alle Defibrillatoren eingesetzt werden, nur jene mit „Kinder“-Knopf. „Bei einem Patienten, der atmet, würden die Messungen ergeben, dass kein Schock abgesetzt wird“, so der Experte. Und: „Der Rettungswagen ist ja unterwegs.“ Ganz wichtig für die Helfer ist nur eines: Den Körper des Bewusstlosen nicht berühren, wenn das Gerät auffordert, die Schock-Taste zu drücken. „Sollte der Bewusstlose auf regennasser Straße liegen, mit dem Gerät auf die Distanz gehen, welche die Kabel der Elektroden ermöglichen, und auf die Gummisohlen der Schuhe stellen. Erst dann den roten Knopf drücken!“
Wie hoch ist die Überlebensrate?
Übrigens: Sollte der Defi benutzt worden sein, bitte dem Ortsvorsteher Bescheid geben. Mutig vorzugehen und ihn einzusetzen, wird belohnt, besagen die Zahlen, die Walter Hückelheim sprechen ließ: „Überlebensrate bei Kammerflimmern nach zwölf Minuten ganz ohne Maßnahmen: null Prozent. Mit früher Alarmierung, früher Herz-Lungen-Wiederbelebung, früher Defibrillation: 20 Prozent. Kommen noch Maßnahmen etwa über die zügig eintreffenden Notfallsanitäter hinzu: 40 Prozent.“ Und: „Je eher geholfen wird, desto weniger Sauerstoffverlust für das Gehirn. Es geht gerade auch darum, wie jemand einen solchen Vorfall überlebt!“
Walter Hückelheim, Notfallsanitäter und Dozent bei der Rettungsdienstschule des HSK, erklärte in Antfeld den Umgang mit einem Defibrillator.
Foto: Sonja Funke