Wulmeringhausen. Das frühere Schullandheim in Wulmeringhausen steht ab sofort für Geflüchtete und Obdachlose zur Verfügung. Angemietet von der Stadt Olsberg, können dort bis zu 54 Personen Obdach finden. Das sorgte nun für Protest der Einwohner des 413-Seelen-Dorfes. Grundlage für den zunächst zweijährigen Mietvertrag ist ein einstimmiger Beschluss des Hauptausschusses in nicht öffentlicher Sitzung. Auf der Informationsveranstaltung am Montagabend beantworteten Bürgermeister Wolfgang Fischer und Meinolf Guntermann, stellvertrender Leiter des Fachbereiches „Bürgerservice, Öffentliche Ordnung und Soziales“, die Fragen der ortsansässigen Bürger.
Flüchtlingsunterkunft in Wulmeringhausen: Vorwurf an die Stadt
Die Wulmeringhausener erfuhren von dem Beschluss des Hauptausschusses durch eine Pressemitteilung. Daraufhin gingen bei der Stadtverwaltung unzählige E-Mails ein und auch Ratsmitglied Ralf Menke (SPD) führte bis zu 60 Gespräche mit Einheimischen. „Eine offizielle Veranstaltung war unerlässlich. Der Druck ist zu groß geworden“, schilderte Menke. Zudem konnten aufgrund des Cyber-Angriffs keine weiteren E-Mails mehr beantwortet werden. Bis auf den letzten Platz – und darüber hinaus – war der Saal des Gemeindehauses mit rund 120 Einheimischen gefüllt. Menke appellierte an die Verwaltung, dass Informationen im Vorfeld erfolgen müssten und die Bevölkerung eingebunden werden müsse.
Flüchtlingsunterkunft in Wulmeringhausen: Stadt sind die Hände gebunden
„Die Zustimmung hätte ich nicht bekommen. Das geht auf meine Kappe“, rechtfertigte sich der Bürgermeister hinsichtlich der schnellen Entscheidung für das Mietobjekt. Die Reaktionszeit bei der Zuteilung von Flüchtlingen werde immer kürzer, betrage gerade einmal 14 Tage. Dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten seien alle ausgeschöpft und zentrale Unterbringungseinrichtungen des Landes stünden als Puffer nicht mehr zur Verfügung. „Wir haben es geschafft, über viele Jahre dezentral unterzubringen, doch seit den letzten drei bis vier Wochen steht kein einziges Bett mehr frei.“ Fischer hält nichts von „Containerdörfern“ wie in Schmallenberg oder einer Belegung von öffentlichen Einrichtungen wie Schützenhallen oder Turnhallen. „Wir sollten kein Gemeindehaus der Öffentlichkeit entziehen.“ In vielen Mails habe er Zustimmung erhalten, dass dies der richtige Weg sei. Nicht so bei den Wulmeringhausenern. Sie kreiden der Verwaltung fehlende Bürgerbeteiligung und Mitwirkungsrechte an.
Flüchtlingsunterkunft in Wulmeringhausen: Kritik und Sorgen der Dorfbewohner
Auch der ehemalige Landtagsabgeordnete Hubert Kleff forderte von der Verwaltung eine frühzeitige Informationsweitergabe. Und zwar vor Beschlüssen mit einer derartigen Tragweite. Ihm und vielen Interessierten ging es – neben der offensichtlichen Abneigung zur Aufnahme von Geflüchteten im Ort – schließlich um das Objekt selbst: Um die Bausubstanz, um Brandschutzmaßnahmen, die Einrichtung im Allgemeinen, den Vermieter und um Standortalternativen. Außerdem stellte er die Frage, was Wulmeringhausen den Flüchtlingen bieten könne, außer einem Kinderspielplatz und einer Bushaltestelle.
Bei weiteren Fragen aus der Runde wurde über die Nationalitäten der Geflüchteten sowie deren Rückführung und über die Ängste der Dorfbewohner diskutiert. Man habe Angst, dass hauptsächlich junge Männer kämen und Angst vor einem Religionskrieg. „Durch diese Aktionen tragt ihr die Braunen auf dem goldenen Schild nach vorne“, sagte ein Gast. Es kam sogar die Frage auf, ob gegen die Entscheidung des Hauptausschusses juristisch vorgegangen werden könne.
Nach all den Diskussionen machte man sich aber auch Gedanken um die menschenwürdige Unterbringung in dem Gebäude. Zusammenfassend sehen die Wulmeringhausener die Aufnahme von Flüchtlingen in dieser Größenordnung skeptisch und das ehemalige Schullandheim als nicht geeignet.
Flüchtlingsunterkunft in Wulmeringhausen: Argumente der Verwaltung
Die Zustimmungsordnung lege fest, dass der Hauptausschuss der Anmietung des Objektes zustimmen kann, klärte der Bürgermeister auf. Gleichzeitig gestand er ein, dass auch er nicht fehlerfrei sei und Entscheidungen mit einer derartigen Tragweite besser vorab kommuniziert werden sollen.
Dass die meisten geflüchteten Personen nicht – wie vermutet – aus der Ukraine, sondern aus Syrien, Afghanistan, dem Iran und dem Irak kommen und bei einer Ablehnung einen sogenannten „subsidiären“ Schutz erhalten, erläuterte Guntermann. Demnach sei eine Abschiebung aus humanitären Gründen nicht möglich. „Wenn die Personen keine Wohnung finden, sind wir verpflichtet, eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen.“ Alternativen wie das Hotel am See oder die Klinik am Stein schieden aus verschiedenen Gründen aus. Laut Bauabteilung sind bei diesem Objekt alle behördlichen Anforderungen erfüllt. Das Ordnungsamt sei für die Abfallbeseitigung zuständig und der Winterdienst werde von dem Vermieter organisiert. Ein Hausmeister und eine weitere Person werden eingestellt, um sich um die städtischen Unterkünfte zu kümmern. „Rufen Sie uns an, wenn etwas schiefläuft“, appellierte Fischer an die Wulmeringhausener. „Unsere Aufgabe ist eigentlich nur die Unterbringung. Dass wir aber mehr machen, steht außer Frage.“
Fischers Anliegen war –trotz aller Kritik – das Ehrenamt. Denn von Seiten der Stadt sei keine Rundumbetreuung möglich. Ehrenamtliche Unterstützung beim Spracherwerb oder bei Alltagserledigungen seien bei dem Versuch der Integration nicht hoch genug einzuschätzen. „Und ich glaube, das wird auch hier passieren“, ist sich der Bürgermeister nach der sachlichen und fairen Diskussion fast sicher.
Die Entscheidung ist gefallen. Und auch wenn die Angelegenheit mit dieser Informationsveranstaltung vielleicht noch nicht ganz vom Tisch ist, werden die Neubürger hoffentlich mit offenen Armen empfangen, hofft die Stadtverwaltung.
Flüchtlingsunterkunft in Wulmeringhausen: Über 500 Geflüchtete in Olsberg
Der Druck auf die Kommunen wächst, denn sie müssen deutschlandweit immer mehr geflüchtete Menschen aufnehmen und integrieren. Viele Städte haben keinen Wohnraumpuffer mehr. Olsberg beherbergt aktuell mehr als 500 Flüchtlinge.
Der Saal des Gemeindehauses platzte mit rund 120 Interessierten aus allen Nähten. Sogar im Eingangsbereich standen etliche Wulmeringhausener, die keinen Platz mehr fanden. Organisator Ralf Menke moderierte die Veranstaltung. Links im Bild: Olsbergs Bürgermeister Wolfgang Fischer
Foto: Silke Nieder